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Helgi der Fürsorgliche

Ein Reitunfall: Bitte nicht nachmachen!

Vor ziemlich genau einem Jahr war es: Beim Versuch, von der Aufsteighilfe auf mein ungesatteltes Pferd zu krabbeln, bin ich ganz blöd gefallen und habe mir den Oberarm direkt unterhalb der Schulter gebrochen. Momentan sitze ich zu Hause, wieder krank geschrieben, weil die damals in einer recht komplizierten Operation in die Schulter eingebaute Metallplatte letzte Woche wieder entfernt wurde. 

Und habe viel Zeit, mich an den Unfall zu erinnern... Und an Helgis rührende Reaktion darauf.

Reiterin Sigrid steht auf einem Höckerchen, Islandpferd Helgi steht frei daneben. Sie krault ihn hinter dem Ohr, als Belohnung dafür, dass er sich in Position zum Aufsitzen gestellt hat.

Kein guter Tag

Ich habe mich dumm angestellt: An der Aufsteighilfe beim Versuch auf den ungesattelten Helgi aufzusteigen kurz nicht aufgepasst, Helgi macht genau im falschen Augenblick einen Schritt beiseite, und ich kippe halb von dem kleinen Hocker, halb von seinem Rücken. Falle ungebremst seitlich auf die rechte Schulter.

 

Es ist ein Sandplatz, und der Aufprall kommt mir zuerst gar nicht so schlimm vor. Da liege ich, muss mich kurz sammeln, und versuche mich dann hinzusetzen.

 

„Nein“, sagt mein Kreislauf. Bevor ich mich versehe liege ich wieder im Sand.

 

Ups... Das fühlt sich nicht so gut an. Irgendwas stimmt mit dem Arm nicht, auf den ich gefallen bin.

 

Helgi steht neben mir, stupst mich mit der Nase an. Er hat auch gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Okay, nächster Versuch, aufzustehen. Schon allein weil es mir etwas unheimlich ist, dass mein Pferd direkt über mir steht. Er ist aber sehr vorsichtig und bewegt sich nicht von der Stelle.


Helgi hält Wache

Diesmal komme ich auf die Füße und mache mich langsam auf zittrigen Beinen auf den Weg zum Tor des Reitplatzes.

 

Helgi bleibt dicht neben mir, berührt mich aber nicht. Als ich durch das Tor gehe und es hinter mir schließe, will er gerne mit. Aber er ist extrem vorsichtig und drängelt nicht, obwohl er offensichtlich aufgeregt ist.

 

Ich setze mich auf das kleine Bänkchen neben dem Reitplatz und versuche mich zu sortieren. Helgi steht am Tor und bewacht mich.

 

Erst als ein paar Minuten später eine Freundin an den Reitplatz kommt und sich um mich kümmert, lässt Helgi mich kurz aus den Augen, um sich zu wälzen. Dann steht er wieder am Tor und guckt mich an, bis die Freundin ihn zurück in den Stall bringt.

Helgi, ein Fuchsschecke, steht direkt vor der Kamera, die in Bodennähe ist. Er guckt mit gespitzten Ohren, was denn da unten passiert.

Das gescheckte Islandpferd Helgi steht im Laufstall hinter den Fressgittern und guckt in Richtung Kamera

Wiedersehen nach zwei Wochen

Fast-Forward zu einem Tag zwei Wochen später:

 

Der Arm war kurz unterhalb des Schultergelenks gebrochen und musste operiert werden. Jetzt bin ich aus dem Krankenhaus raus, und mein Mann Stephan fährt mich für einen kurzen Besuch zum Stall.

 

Stephan geht in den Laufstall und begrüßt die Pferde. Ich bleibe mit meinem Arm in der Schlinge vorsichtshalber vor dem Laufstall und gucke mein Pferd sehnsüchtig an. Der guckt zurück, läuft an Stephan und dem potentiellen Leckerli vorbei, um mich zu begrüßen.

 

Wir bleiben nicht lange, aber die paar Minuten, die ich vor dem Stall stehe, bleibt Helgi treu bei mir stehen, ohne sich um Stephan oder die anderen Pferde zu kümmern.


Gehe ich als Herdenmitglied durch?

Nochmal eine Woche weiter: Heute holt Stephan die Pferde raus und lässt sie grasen. Helgi begrüßt mich kurz, hat dann aber keine Zeit mehr für mich. Es ist Anfang November, und Gras ist eine knappe Ressource.

 

Aber eine Woche später, als ich (mit gebührendem Abstand) zugucke, wie Stephan mit Helgi arbeitet, ist immer ein Ohr bei mir. In jeder kurzen Pause kommt Helgi zu mir hin und möchte geknuddelt werden, was er normalerweise eigentlich nicht mag.

 

Ich war immer davon ausgegangen, dass Pferde "ihre" Menschen höchstens tolerieren. Pferdefreundschaften sind für andere Pferde, oder nicht?

 

Aber der Armbruch und die Zeit danach haben mich überzeugt, dass Helgi mich als eine Art seltsames Herdenmitglied sieht. Jedenfalls hat er auf mich genauso aufgepasst, wie er das ein Jahr später mit dem verletzten Skarpur tat.

Islandpferd Helgi und Reiterin Sigi gucken gemeinsam nach unten in die Kamera


Helgis Jungpferdetagebuch

Sigrid Goldmann, Helgis Jungpferdetagebuch: Jungpferdetraining mit Johanna Tryggvason. Das Bild zeigt das Cover des Buchs, auf dem Helgi und Sigrid im Tölt auf einer Ovalbahn zu sehen sind.

 

Wenn dir diese Geschichte gefallen hat, ist vielleicht auch Helgis Jungpferdetagebuch etwas für dich:

 

Das Jungpferdetagebuch begleitet ein Jahr lang das tägliche Training, mit allen Höhen und Tiefen, Problemen und deren Lösungen. Ich erzähle aus der Perspektive einer Freizeitreiterin, wie sich Helgi unter der Begleitung meiner Trainerin Johanna Tryggvason zu einem zuverlässigen Partner entwickelt hat.

 

Ein Ratgeber einer Freizeitreiterin für Islandpferdefans, Freizeitreiter und deren Trainer. 

 

Das Buch geht auf die Besonderheiten der Junpferdeausbildung ein, bietet aber auch viele Tipps für die Arbeit mit Pferden jeden Alters.


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